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Der 22. März 2020. Wer hätte sich das je vorstellen können: ein Sonntagsgottesdienst ohne Kirchenbesucher. Pfarrer Karl Feser, der zu fast leeren Kirchenbänken spricht und Pfarrvikar Paul Mutume, der das Amt der Ministranten übernimmt. Die Predigt vor leeren Kirchenbänken durchaus eine Herausforderung für die beiden Geistlichen, denn nur fünf Personen waren zu diesem Zeitpunkt zugelassen, darunter der Mesner, Lektor, Mitglieder des Pfarrgemeinderates und Pastoralteams, sowie der Kameramann.

Keine Orgel, kaum Gesang eine fast gespenstische Szene. Die Fastenzeit tat das ihre dazu. Violette Farben, Altäre, die zugeklappt waren, eine Woche später dann mit dem Passionssonntag waren auch die Kreuze mit violetten Tüchern verhüllt. Die Antworten der kleinen Gemeinde auf Gebete und Fürbitten kaum hörbar. Die fünf Gottesdienstbesucher hatten sich weiträumig im Kirchenraum verteilt. Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen sagte Pfarrer Karl Feser damals und nannte die Corona-Pandemie, die es verhindert, dass Menschen zusammen kommen, auch  Gottesdienste seien davon betroffen. Man feierte den Gottesdienst für die gesamte Pfarreiengemeinschaft Grabfeldbrücke. Auf dem Altar standen für jeden Geistlichen sein eigener Kelch und die eigene Hostienschale. Für die Anwesenden gab es keine Kommunion, nur eine „geistige“, wie Pfarrer Karl Feser sagte. Von diesem Tag an konnte der Gottesdienst über die Facebookseite der Pfarreiengemeinschaft Grabfeldbrücke abgerufen werden. Die Predigten wurden auf der Internetseite der Pfarreiengemeinschaft Grabfeldbrücke zusätzlich veröffentlicht.

Eigentlich war die Filmaufnahme des ersten Corona Gottesdienstes nur als einmalige Dokumentation gedacht, eventuell noch zu besonderen Kirchenfesten. Als jedoch dieser erste Gottesdienst von mehr als 100 Interessierten im Internet angesehen wurde und erste Rückmeldungen kamen, dass dies eine gute Idee sei, die man fortführen sollte, stand die Kamera ab da jeden Sonntag in der Stadtpfarrkirche. Dass sich das lohnte, zeigten die zunehmenden Klicks auf die Internetseite der Pfarreiengemeinschaft Grabfeldbrücke, aber auch die steigenden Zahlen derjenigen, die den Gottesdienst, zwar zeitversetzt, über die Facebookseite der Pfarreiengemeinschaft abriefen. Plötzlich pendelten sich die Zuschauerzahlen bei durchschnittlich 200 ein, an den Kar- und Ostertagen stiegen sie auf bis auf 300 an. Vor allem Pfarrvikar Paul Mutume hatte auf die Gottesdienste im Internet in seinem Bekanntenkreis aufmerksam gemacht und so gab es auch Zuschauer aus seiner Heimat Uganda, aber auch aus seinen früheren Wirkungsbereichen.

Mitglieder des Pfarrgemeinderates erzählten im Bekanntenkreis von der Möglichkeit die Gottesdienste über das Internet mit zu feiern und so kamen die Klicks aus verschiedenen Bereichen der Rhön mit dazu. Doch immer war es für die Geistlichen und die wenigen Kirchenbesucher etwas Ungewöhnliches in einer leeren Kirche Gottesdienst zu feiern. Fast ein Gefühl der Einsamkeit, wie eine Gottesdienstbesucherin am Karfreitag treffend meinte. Eine Osternacht ohne Osterfeuer?  Pfarrer Karl Feser ließ es sich nicht nehmen in einer Schale an den Altarstufen ein kleines Osterfeuer zu entfachen und daran die Osterkerzen zu entzünden. Ab Gründonnerstag dann wieder erste Orgelklänge, danach  in der Osternacht und von da an jeden Sonntag. Das machte Mut, vor allem, als ab 10. Mai wieder mehr Gläubige zugelassen waren.

Merkershausen machte hier den Anfang, gefolgt am Sonntag danach, Christi Himmelfahrt, von der Stadtpfarrei Bad Königshofen. Vorbei war es mit dem dürftigen Gesang, man konnte schon hören, dass wieder eine größere Anzahl Gläubige den Gottesdienst besuchen durften. Es kam die Zeit, in der dann die Eucharistiefeiern mit Kommunionspendung eingeführt wurden, natürlich unter den vorgeschriebenen Sicherheitsbedingungen.  Wie feiern wir das Hochfest Fronleichnam? Pfarrer Karl Feser und Pfarrvikar Paul entschieden dies in den Gemeinden draußen anzubieten. Für Bad Königshofen konnte man Josef Treutlein, Rektor am Käppele in Würzburg, und einem gebürtigen Königshöfer gewinnen. Er verstand es trotz der Corona-Pandemie ein durchaus ungewöhnliches Fronleichnamsfest mit der Anbetung vor der im Tabernakel am Hochaltar ausgesetzten Monstranz zu feiern. Verständlich, dass an solchen Festtagen, die Zuschauerzahlen auf der Facebookseite nach oben schnellten. Selbst in der Partnerstadt Arlington hatte man dies mitbekommen und so kamen auch von dort Mitteilungen, dass man den Gottesdienst mitfeiere und sich freue, so mit der Partnerstadt in diesen schwierigen Zeiten in Verbindung zu sein.

So wurde aus einer geplanten Dokumentation zu Coronazeiten eine feste Einrichtung, wobei der Autor seine Erfahrungen als einstiger Kameramann beim Bayerischen Fernsehen wieder auffrischen konnte. Nach dem Gottesdienst galt es zu Hause am Schnittplatz den Film einzuspielen, dann, wie gelernt, zu schneiden, mit Bildern aus der Stadtpfarrkirche zu unterlegen und ihn auf eine Länge von 45 bis 50 Minuten fertig zu stellen. Dann die Umwandlung auf die entsprechende Videodatei, womit er auf der Facebookseite hochgeladen werden konnte. Noch schnell ein paar Bilder und ein kurzer Einführungstext dazu und drei Stunden später konnte der jeweiligen Gottesdienst zu Hause abgerufen werden. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten Zuschauer sich den Nachmittag, vor allem aber die Abendstunden auswählten. Besonders viele Klicks bekam aber auch eine kleine Maiandacht und zum ersten Mai ein Zusammenschnitt verschiedener Kirchenlieder zum Monat Mai, einst aufgenommen bei Konzerten der Harmonia und der Berufsfachschule für Musik Bad Königshofen in der Wallfahrtskirche Ipthausen.

Autor: Hanns Friedrich

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